Boris Becker ist wegen seiner Insolvenzverschleppung zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden, wovon er mindestens die Hälfte absitzen muss. Mit starrem Blick griff Becker nach der Verkündung eine gepackte Tasche. Er kam direkt in Gewahrsam.
Der ehemalige Tennisstar Boris Becker muss ins Gefängnis. Ein Gericht in London verurteilte den dreifachen Wimbledon-Sieger am Freitag zu zweieinhalb Jahren Haft, wovon er mindestens die Hälfte absitzen muss.
Der frühere Ausnahmesportler hatte Vermögen im Wert von mehr als einer Million Euro in seinem Insolvenzverfahren nicht offengelegt. Eine Jury hatte Becker deshalb vor drei Wochen in mehreren Anklagepunkten schuldig gesprochen. Der 54-Jährige hatte die Vorwürfe bestritten. Er kann gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen.
Die Laienrichter am Londoner Gerichtshof Southwark Crown Court waren zu der Ansicht gelangt, dass Becker den Besitz einer Immobilie in seinem Heimatort Leimen verschleiert, unerlaubterweise hohe Summen auf andere Konten überwiesen sowie Anteile an einer Firma für künstliche Intelligenz und eine Darlehensschuld verschwiegen hatte.
Die Staatsanwaltschaft hatte insgesamt 24 Anklagepunkte gegen Becker erhoben. Anklägerin Rebecca Chalkley sah es als erwiesen an, dass er zahlreiche Besitztümer absichtlich verschwiegen hatte und nun seinen Beratern die Schuld zuwies, die sich ihm zufolge um seine Finanzen gekümmert hatten. Der Verteidiger der Tennis-Legende hatte erklärt, sein Mandant sei zwar naiv, aber unschuldig. In 20 Punkten folgte die Jury dieser Argumentation, auch bei der Frage nach verschwundenen Pokalen. Doch der Schuldspruch in vier Punkten reicht aus, um Beckers Leben grundlegend zu verändern.
„Sie haben Eigentum unterschlagen, versteckt“
Becker, der in London lebt, war 2017 gerichtlich für zahlungsunfähig erklärt worden. Daraufhin musste er den Insolvenzverwaltern sein Vermögen offenlegen – dabei ließ er aber nach Einschätzung des Gerichts wichtige Teile aus. Die zuständige Richterin Deborah Taylor sagte in ihrer Urteilsbegründung unter anderem: „Ich habe die Einwände, die für Sie vorgetragen wurden, in Betracht gezogen. Aber Sie machten persönlich Gebrauch vom Firmenkonto. Sie haben Eigentum unterschlagen, versteckt. So viel Geld ging verloren.“
Die Sitzung am Freitag wurde gegen 13.00 Uhr deutscher Zeit eröffnet und hatte sich lange hingezogen. Nach den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung ordnete Richterin Taylor eine Mittagspause an und kündigte ihr Urteil für 16.00 Uhr an. Becker, der in grauem Anzug und einer Krawatte in den Wimbledon-Farben lila und grün erschienen war, musste sich aber noch länger in Geduld üben. Versteinert saß er im Gerichtssaal, ehe Taylor mit einer knappen halben Stunde Verspätung erschien und schließlich ihr Urteil verkündete.
Mit starrem Blick stand Becker nach der Verkündung auf, griff eine gepackte Tasche und wurde dann von einer Justizmitarbeiterin durch eine Seitentür aus dem Saal geleitet. Er kam direkt in Gewahrsam. Sohn Noah schaute erschrocken zu.
„Die Marke Becker liegt in Scherben“
Nun steht der Weltstar vor den Trümmern seiner Existenz, wie auch sein Anwalt Jonathan Laidlaw in emotionalen Schlussworten beschrieb. „Er hat praktisch nichts mehr“, sagte Laidlaw. Becker werde keine Arbeit mehr finden und sei auf Unterstützung Anderer angewiesen. „Die Marke Becker liegt in Scherben“, betont Laidlaw. Das Verfahren sei ohnehin bereits die größtmögliche öffentliche Demütigung.
Der dreifache Wimbledon-Sieger hatte zwar während seiner Karriere etwa 25 Millionen US-Dollar an Preisgeld eingesammelt und nach eigenen Schätzungen etwa dieselbe Summe mit Werbung verdient. Dennoch geriet er in finanzielle Probleme. Becker machte dafür vor Gericht unter anderem die teure Scheidung von Ex-Frau Barbara verantwortlich sowie hohe Unterhaltskosten für Tochter Anna Ermakowa.
Becker kommentiert unter anderem für die BBC Tennisturniere und erfreut sich bei den Britinnen und Briten großer Beliebtheit. Seine Partnerin Lilian De Carvalho Monteiro begleitete ihn jeden Tag ins Gericht, zuletzt war auch sein ältester Sohn Noah an seiner Seite. Die beiden waren auch am Freitag mit dabei.
Der Präsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB), Dietloff von Arnim, hatte vor der Strafmaßverkündung seine Loyalität mit Becker bekräftigt. Dieser habe für das deutsche Tennis „unstreitig herausragende Erfolge“ gefeiert, sagte von Arnim am Freitag am Rande des Sandplatzturniers in München. „Wir stehen da, würde ich sagen, treu an der Seite unserer Tennis-Ikone.“
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